Die Umstände, die seinerzeit beim Abschluss der Genfer Flüchtlingskonvention bzw. beim Beitritt dazu maßgeblich waren, haben sich in der Zwischenzeit wesentlich geändert. Das Asylrecht in der damals ausformulierten Form wird den geänderten Umständen der Gegenwart mit den gewaltig angewachsenen Wanderbewegungen über weite Distanzen nicht mehr gerecht.
Die Massenzuwanderung unter dem Vorwand, Schutz und Asyl zu suchen, hat ein Ausmaß erreicht, das es erforderlich macht, die Situation neu zu bewerten und einen Vergleich zu ziehen zwischen damals und heute. Und dabei ist vor allem die in Berufung auf die Bestimmungen der Konvention geübte Anwendungspraxis einer Überprüfung zu unterziehen. Denn die derzeit geübten Praxis der generellen Aufnahme aller Asylsuchenden aus der ganzen Welt ohne jegliche regionale Begrenzung stößt an praktische Grenzen der Finanzierbarkeit und der Akzeptanz bei der ansässigen Bevölkerung. Und dies in einem Ausmaß, dass es praktisch nicht mehr möglich ist, in dieser Praxis unverändert fortzufahren. Und dabei ist auch zu berücksichtigen, dass Asyl und Asylrecht in der Praxis in einer Vielzahl der Fälle nicht zum Zwecke des Schutzes und der Sicherheit gesucht und gewährt wird, sondern als Rechtfertigung für eine an sich illegale Einwanderung, was Finanzierbarkeit und Akzeptanz als Problem besonders verschärft.
Da sich somit einerseits die Umstände zwischen jenen, die seinerzeit beim Abschluss der Genfer Flüchtlingskonvention bzw. beim Beitritt dazu maßgeblich waren, und jenen, die heute gegeben sind, in der jahrzehntelangen Zwischenzeit wesentlich geändert haben – Stichwort Globalisierung und Möglichkeit zu weltweiten Reisebewegungen – und andrerseits die Fortsetzung der bisherigen Praxis der rechtlich nicht begrenzten massenhaften Zuwanderung auch aus fernsten Ländern des Globus nicht mehr möglich ist, muss unter Berufung auf die Umstandsklausel der Wiener Vertragsrechtskonvention (Art. 61) der Rücktritt vom Vertrag, nämlich von der Genfer Flüchtlingskonvention, ausgesprochen werden, und zwar bis zu dem Zeitpunkt, wo eine neue Regelung in Kraft gesetzt wird, die den geänderten Umständen Rechnung trägt.
Die alte Regelung kann nämlich nur solange Geltung in Anspruch nehmen, als sich die Umstände, die bei ihrer Beschlussfassung vorlagen, nicht wesentlich geändert haben. Nur solange diese Umstände im Wesentlichen unverändert sind („rebus sic stantibus“), und das ist derzeit nicht der Fall, ist die Weitergeltung nach allgemeingültigen Rechtsgrundsätzen rechtlich begründet.