Jung gefreit hat noch nie gereut. Ein altes Sprichwort. Sehr alt. Das gilt heute nicht mehr. Wenigstens nicht in unserem Kulturkreis. Bei uns kommt zuerst die Bildung, die Ausbildung, dann die Berufsaufnahme, und dann erst, oft ist man schon nahe den Dreißig oder hat sie schon erreicht, dann erst denkt man daran, eine Familie zu gründen, eine feste Bindung einzugehen, sich Kinder anzuschaffen, wenn überhaupt. Meist bleibt es dann sowieso nur bei einem oder höchstens zwei Kindern. Denn die Berufstätigkeit geht vor, und zwar die Berufstätigkeit beider Partner. Wo bleibt da Zeit für die Familie, für Kinder? Ja, das ist unsere heimische Kultur.
Aber da gibt es auch etwas anderes. Wie sieht es dort aus? Ja, dort gibt es Kinderreichtum, aber meist auch Bildungsferne. Und wie sollte es auch anders sein? Wenn schon früh geheiratet wird, die Frauen vielleicht schon mit fünfzehn, sechzehn, die Männer mit achtzehn, neunzehn. Und schnell kommt das erste Kind. Da bleibt keine Zeit für Bildung, auch kaum für das Erlernen eines Berufs. Und dann ist da nur einer in der Familie in der Lage, einer Beschäftigung nachzugehen. Denn die Mutter muss sich um die Kinder kümmern. Es sind ja so im Durchschnitt fünf Kinder, es können aber auch mehr sein. Da reichen das Einkommen des Vaters und die staatlichen Beihilfen gerade für das Lebensnotwendige aus. Für Kultur und höhere Bildung, auch der Kinder, bleibt da im Haushaltsbudget nicht viel übrig. Es haben ja auch die Eltern schon, da sie ja selbst auch aus kinderreicher Familie stammen, kaum Bildung erfahren, besonders der weibliche Teil in der Großfamilie nicht.
Ja so sieht es in einem beträchtlichen Teil unserer Gesellschaft heute aus. Es hilft nichts, die Augen vor dieser Entwicklung zu schließen. Selbst wenn der Staat mit mehr und mehr finanziellem Aufwand und Förderungen da der Entwicklung steuern will, wird man nur begrenzte Erfolge erzielen. Denn die Anforderungen werden von Jahr zu Jahr größer, schon allein weil dieser Teil der Bevölkerung laufend zunimmt, aber die staatlichen Mittel natürlich begrenzt sind. Nicht zu reden von anderen Widerständen, die sich auftun. Man kann sich ausmalen, wohin das führt.
Und wenn ich das heute schreibe, dann bitte ich auch den verehrten Leser, die verehrte Leserin, sich selbst an der Nase zu packen und sich zu überlegen, ob er, ob sie nicht auch zu jenen gehören, von denen ich oben zunächst gesprochen habe. Na also! Dann wundere man sich nicht, wenn unser Staat, unsere Gesellschaft mehr und mehr ihr
Gesicht, ihr Aussehen ändert und mehr und mehr so ganz anders wird, als sie einmal waren. Und es wird verstärkt so weitergehen, wenn nicht wirklich ein bewusstes Gegensteuern erfolgt, denn die einmal angefangene Entwicklung wird sich noch beschleunigen. Wollen wir das? Wer will das? Ja, es gibt solche auch. Ich bekenne, ich gehöre nicht dazu. Und viele andere hoffentlich auch!