Was für eine Frage, wird mancher sagen. Wir sind eine Demokratie und wir haben das Parlament und die Regierung. Und wir haben eine Demokratie. Das aber ist ein großes Wort. Wird das nicht zu unbedacht ganz einfach als Behauptung in den Raum gestellt? Wer weiß und bedenkt, was „Demokratie“ eigentlich heißt? Das Wort ist griechischen Ursprung und heißt Volksherrschaft.
Ja, und herrscht denn das Volk bei uns? Die Befürworter unseres bestehenden Systems werden sagen: das Volk herrscht durch das Parlament, die Parlamentsabgeordneten „repräsentieren“ das Volk, deshalb ist unser System eine „repräsentative Demokratie“.
Diese Argumentation hat aber einen Denkfehler: man vergisst die Rolle der politischen Parteien!
Wir haben ja jetzt einen neuen Nationalrat gewählt. Und was wurde eigentlich gewählt? Abgeordnete? Nein, in Wirklichkeit wurden nur Parteien gewählt, jeweils eine Parteiliste, auf der der Abgeordnete nur eine ersetzbare Nummer ist, von der Parteiführung abhängig. Der Wähler hat damit keine Beziehung zu „seinem“ Abgeordneten, er hat oft überhaupt keine Ahnung, welchen Abgeordneten er gewählt hat, welcher Abgeordneten ihn vertritt, ihn „repräsentiert“. Gibt es also „Repräsentation“, also Vertretung des Wählers durch „seinen“ Abgeordneten? Das kann man wirklich nicht sagen. Von „repräsentativer“ Demokratie also keine Spur. Es gibt höchstens Parteiendemokratie.
Und jetzt zu Demokratie, also zur „Herrschaft des Volks“. Wer entscheidet denn über unsere Gesetzgebung und damit über unser staatliches Zusammenleben? Die Abgeordneten, die die Bürger „repräsentieren“? Nein, nicht die Abgeordneten im Parlament sind es, die entscheiden, sondern die Parteien bzw. die Parteiführungen. Denn die Abgeordneten im Parlament stehen unter dem Diktat ihrer Parteien. Dafür gibt es den Klubzwang, sie müssen abstimmen, wie ihre Partei es befiehlt, sonst droht der Verlust des Mandats. Und kann der Bürger, der Wähler mitentscheiden, wenn er einmal seine Stimme abgegeben hat? Nein! Er ist ab da den Parteien und ihren Parteiapparaten ausgeliefert. Denn unserer Wahlrecht sieht vor, dass die Parteien praktisch auf fünf Jahre pragmatisiert sind, die Anzahl ihrer Mandate bleibt bis zur nächsten Wahl unverändert. Nachwahlen innerhalb einer Gesetzgebungsperiode – wie in anderen Ländern, wenn ein Abgeordneter ausfällt – gibt es bei uns ja nicht. Also liegt für fünf Jahre alle Macht bei den Parteien bzw. den Parteiführungen, die brauchen sich weiter um die Meinung im Volk nicht mehr zu kümmern. Das Volk kann nicht mehr mitreden, selbst wenn ihm die eingeschlagene Politik nicht gefällt, es ist für fünf Jahre praktisch entmündigt.
Solange unsere „ repräsentative Demokratie“, ausschaut, wie sie ausschaut, ist das Verlangen nach mehr direkter Demokratie mehr als gerechtfertigt! Denn da gibt es weder „Repräsentation“, noch Demokratie, also „Volksherrschaft“. Und die Parteien, die jeweils am Ruder sind, und die jeweils auch nur von einer Handvoll Parteiführern beherrscht werden, sind nicht die verkörperte Gerechtigkeit, frei von persönlichen Interessen und Ehrgeiz, vom Streben nach Machterhalt und einseitigen Ideologien, nur auf das Wohl des Volkes bedacht. Nein! Viele sind von solcher Heiligkeit weit entfernt! Dazu kommt noch der Mantel der Verschwiegenheit über die Vorgänge hinter den Kulissen und das gegenseitige Zusammenspiel dabei. Da wird das Staatsschiff oft in eine Richtung gesteuert, die der Mehrheit der Bevölkerung nicht gefällt. Und wie kann das Volk da korrigierend eingreifen? Gar nicht! Fünf Jahre gar nicht.
Und das gehört geändert! Und deshalb brauchen wir direkte Demokratie!